
23 Mrz Dr. Herbert Lackner zu Gast in der Schulbibliothek
Im Rahmen der Aktion „Geschichte in Geschichten“ des bvoe besuchte der renommierte Journalist Dr. Herbert Lackner am 9. März 2018 unsere Schule. Herbert Lackner, geboren in Wien, studierte Politikwissenschaft und Publizistik, war u.a. stellvertretender Chefredakteur der „Arbeiter Zeitung“ und schließlich 23 Jahre lang Chefredakteur des Nachrichtenmagazins „profil“. Im Jahr 2009 wurde er als „Journalist des Jahres“ ausgezeichnet. Er ist ausgewiesener historischer Journalist und als solcher Autor zahlreicher zeithistorischer Beiträge für „profil“ und „Die Zeit“.
In seinem Buch „Die Flucht der Dichter und Denker“, erschienen 2017 im Ueberreuter Verlag, zeichnet er die Flucht der europäischen Geisteswelt, vornehmlich jüdischer Abstammung, darunter namhafte Schriftsteller, Philosophen, Wissenschaftler, Nobelpreisträger bis hin zu Filmschaffenden und Kabarettisten, vor dem Hitler-Regime nach. In den Mittelpunkt rückt er eine bemerkenswerte Rettungsaktion, initiiert vom großen deutschen Schriftsteller Thomas Mann, der bereits mit einem Teil seiner Familie in den Vereinigten Staaten Zuflucht gefunden hatte. Sein Ansinnen war es, Schriftstellerfreunde und –kollegen, die auf den Fahndungslisten der Nazi-Schergen standen, aus Europa herauszuholen.
Christa Zöchling über das Buch: Herbert Lackner beschreibt eine „moderne Odyssee: Fluchtrouten, die sich verengen, Hafenstädte, die vor wartenden Menschen überquellen, Schicksale, die sich ineinander verwickeln, immer vor dem Hintergrund des Kriegsverlaufs und neuer Schikanen. Es ist eine Zusammenschau des europäischen Geisteslebens in den Jahren der Nazi-Herrschaft […].“
Lackner spĂĽrt Einzelschicksalen nach: Erst an der persönlichen Tragödie lässt sich die Dimension von Flucht: Verlust des sozialen Umfeldes, des materiellen und immateriellen Besitzes, das ZurĂĽcklassen von Familienmitgliedern in Gefahr und Not, ermessen – und thematisiert zugleich die Bedeutsamkeit von Flucht als Verlust fĂĽr Gesellschaft, Kultur, Kunst und Wissenschaft insgesamt.
Und er macht aufmerksam: Die Flüchtlinge vor 80 Jahren kamen nicht aus Syrien oder Somalia und sahen somit nicht anders aus; sie stammten aus unserer Weltgegend und sahen aus wie wir – stellt er einen Bezug zur aktuellen Flüchtlingssituation her.
Was es tatsächlich bedeutet/e zu flüchten, beschreibt Hanna Arendt, die deutsche Philosophin und Publizistin, selbst geflohen vor dem Nazi-Regime, in ihrem 1943 veröffentlichten Essay „Wir Flüchtlinge“: „Wir haben unser Zuhause verloren, das heißt die Vertrautheit des Alltags. Wir haben unseren Beruf verloren, das heißt die Zuversicht, in dieser Welt zu etwas gut zu sein: Wir haben unsere Sprache verloren, das heißt die Natürlichkeit der Reaktionen, Einfachheit in den Gesten, den ungekünstelten Gefühlsausdruck. Wir haben unsere Verwandten in den polnischen Gettos zurückgelassen und unsere besten Freunde wurden in Konzentrationslagern ermordet, und das heißt, unser Privatleben ist zerrüttet.“ So nimmt es nicht weiter wunder, dass so mancher Flüchtling am Untergang des alten Europa zerbrach: Joseph Roth, der „große Epiker Kakaniens“ (Marcel Reich-Ranicki), soff sich zu Tode, andere nahmen Gift – wie Stefan und Lotte Zweig in Brasilien, als sie bereits in Sicherheit waren ….
Gebannt hörten an die 170 Schülerinnen und Schüler der Oberstufe den ungemein spannenden    Ausführungen Herbert Lackners zu; im Anschluss hatten sie Gelegenheit, dem renommierten Journalisten Fragen zu stellen, die er gerne und mit Bedacht beantwortete.
Folgende Klassen nahmen an den beiden Lesungen teil: 5C, 6A, 6CR, 6D, 8A, 8B, 8C